Demokratie – eine bedrohte Art? Ein Abend mit Prof. Dr. habil. Volker Eichener über Ursprung, Gegenwart und Zukunft einer gefährdeten Staatsform.

Demokratie – eine bedrohte Art?

Ein Abend mit Prof. Dr. habil. Volker Eichener über Ursprung, Gegenwart und Zukunft einer gefährdeten Staatsform

Am 11. Juni 2025 sprach Prof. Dr. habil. Volker Eichener, Rektor der EBZ Business School, im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung über die Frage: „Demokratie – eine bedrohte Art?“. In seinem Vortrag nahm er uns mit auf eine Reise durch die historische Entwicklung demokratischer Strukturen, analysierte aktuelle Herausforderungen und zeigte auf, warum gerade heute demokratisches Engagement wichtiger ist denn je.

Ein persönlicher Einstieg

Zu Beginn schlug Prof. Eichener einen persönlichen Bogen zu seiner Kindheit in der Region und stellte sein aktuelles Buch zur Demokratie vor. Dabei wurde schnell klar: Für ihn ist Demokratie nicht nur ein politisches System, sondern ein wertvolles Gut, das gepflegt und geschützt werden muss.

Wie Demokratie wurde, was sie ist

Die Ursprünge demokratischer Ideen verortet Eichener unter anderem im alten Israel, in den griechischen Stadtstaaten, über mittelalterliche Ansätze bis hin zur amerikanischen und französischen Revolution. All diese Etappen hätten zentrale Prinzipien hervorgebracht, die bis heute tragend sind: Gewaltenteilung, Repräsentation, Verfassungen mit unveränderlichen Grundwerten, Minderheitenschutz und die gezielte Begrenzung von Macht.

Eichener betonte, dass Demokratie nicht auf den Wahlakt reduziert werden darf. Vielmehr sei entscheidend, wie stark die Institutionen sind, die Macht kontrollieren und Vielfalt ermöglichen.

Was moderne Demokratien ausmacht

Moderne Demokratien beruhen laut Eichener auf einem komplexen Zusammenspiel aus legislativer, exekutiver (inkl. unabhängiger Zentralbanken) und judikativer Gewalt. Ergänzt werden diese durch weitere Elemente wie:

  • kommunale Selbstverwaltung
  • organisierte Interessenvertretung
  • verbriefte Menschenrechte
  • transparente Verfahren und öffentliche Deliberation
  • Pluralismus und Anhörungen von Fachleuten

All diese Bausteine seien unverzichtbar, wenn Demokratie lebendig bleiben soll.

Demokratie unter Druck

Ein zentrales Thema des Vortrags war die aktuelle Demokratiekrise. Was oft als „Demokratieverdrossenheit“ bezeichnet wird, sei in Wahrheit eine Parteienverdrossenheit – verursacht durch Individualisierung, Pluralisierung und die wachsende Schwierigkeit, breite gesellschaftliche Bündnisse zu formen. Dies führe zu zerklüfteten Koalitionen und einer Politik, die stärker klientelorientiert sei.

In solchen Situationen profitieren populistische und autokratische Kräfte, die das Gemeinwohl aus dem Blick verlieren. Besonders eindringlich warnte Prof. Eichener vor der AfD und anderen antidemokratischen Bewegungen.

Autokratie – ein psychologisches Phänomen?

In einem spannenden Exkurs skizzierte Eichener die psychologischen Profile vieler Autokraten: Narzissmus, Psychopathie und Machiavellismus. Er beschrieb typische Machtstrategien wie Loyalitätszwang, Einschüchterung, die Ausschaltung von Kritik und Kontrolle über Medien.

Anhand von Shakespeare-Analysen illustrierte er, warum sich Gesellschaften Autokraten unterwerfen: aus Angst, Hoffnung oder Gewohnheit. Eine bittere Erkenntnis: Nicht die Stärke der Feinde, sondern die Schwäche der demokratischen Freunde sei oft das größere Risiko.

Eine kämpfende Idee

Demokratie kann auch durch ihre vermeintlichen Alternativen gefährdet werden: durch direkte Demokratie ohne Schutz der Minderheiten, durch Expertokratie ohne gesellschaftliche Rückbindung oder durch populistische Bewegungen, die einfache Lösungen für komplexe Probleme versprechen.

Prof. Eichener rief deshalb dazu auf, die Demokratie nicht nur zu verteidigen, sondern aktiv weiterzuentwickeln. Demokratie ist unter allen bekannten Staatsformen die nachhaltigste und menschenwürdigste – wenn sie funktioniert, gepflegt wird und ihre Prinzipien gelebt werden.

Gerade in Zeiten von Globalisierung und Digitalisierung brauche es neue Formate und mehr Beteiligung, um demokratische Institutionen zu stärken und zukunftsfähig zu machen.

Ein Appell am Ende

Zum Abschluss appellierte Eichener eindringlich an das Publikum: Demokratie lebt vom Mitmachen, von Diskussion und vom Engagement. Sie sei kein Selbstläufer, sondern eine Aufgabe – heute mehr denn je.

Zur Person

Prof. Dr. habil. Volker Eichener ist ein renommierter Sozialwissenschaftler mit Schwerpunkt auf Demokratie, Stadtentwicklung und Integration. Als Rektor der EBZ Business School und Autor zahlreicher Fachpublikationen bringt er sowohl wissenschaftliche Tiefe als auch praktische Erfahrung in aktuelle gesellschaftliche Debatten ein.

„Die Demokratie stirbt nicht an der Stärke ihrer Gegner, sondern an der Trägheit ihrer Verteidiger“ Prof. Dr. habil. Volker Eichener